Der 6. Dezember 2019 war für die Lerngruppe „Lebenswege früher und heute“ ein ganz besonderer Tag. An diesem Tag haben wir nicht nur die Ergebnisse unserer Recherchen über das jüdische Ehepaar Meyerstein präsentiert und für sie die Stolpersteine 38 und 39 in Potsdam (Neufahrland) verlegt. Wir haben auch deren Enkelinnen Karla und Robin Mertens-Morse getroffen. Sie waren extra aus den USA angereist, um bei diesem für ihre Familie so bedeutsamen Ereignis dabei zu sein.

Die Enkelinnen selbst haben ihre Großeltern nie kennengelernt. Sie sind erst nach dem Ende des zweiten Weltkrieges in den USA geboren, wohin ihr Vater Gerd Meyerstein 1938 auswandern konnte. Er folgte seinem Bruder Ernst, der ein Jahr zuvor ausgewandert war, und musste seine Eltern in Deutschland zurücklassen. Diese hatten ebenfalls versucht auszuwandern, was ihnen jedoch aufgrund eines 1941 von den Nationalsozialisten erlassenen Gesetzes  nicht mehr gelang. Vor allem Karla Mertens-Morse, mit der wir im regen Austausch per Mail standen,  verdanken wir zahlreiche Fotos aus ihrem Familienbesitz und andere Dokumente, die sie uns für unsere Nachforschungen über das Leben der Familie Meyerstein  zur Verfügung stellte.   

Beim Rekonstruieren des Lebens von Paul Otto und Käthe Meyerstein halfen uns außerdem viele weitere Personen. Tobias Büloff vom Fachbereich Kultur und Museum der Stadt Potsdam begleitete uns während unseres Besuches im Brandenburgischen Landeshauptarchiv beim Studieren amtlicher Dokumente. Hartwig Riemann und Susanne Alge hatten den Stein ins Rollen gebracht, indem sie die Stolpersteine für das Ehepaar Meyerstein beantragten und uns ebenfalls mit Informationen zu deren Leben versorgten. Dr. Weißleder führte uns über den jüdischen Friedhof in Potsdam und Dr. Funke erzählte von ihrer eigenen Spurensuche nach ihrem Vater. Diese führte sie unter anderem bis nach Riga, dem Ort, an den die Familie Meyerstein im Januar 1942 zusammen mit etwa 40 weiteren Juden aus Potsdam deportiert worden war. Dort verliert sich die Spur von Paul Otto Meyerstein, der entweder die unmenschlichen Strapazen der Deportation nicht überlebte oder bei seiner Ankunft ermordert wurde. Käthe Meyerstein wurde im November 1943 nach Auschwitz verlegt und kam dort zu Tode.

Die Ergebnisse unserer Nachforschungen sind in einem Text für einen Flyer eingeflossen, den wir auch ins Englische übertragen haben. Wir haben persönliche Texte wie Gedichte und Briefe geschrieben, die wir, ergänzt durch eine Powerpointpräsentation, am Tag der Stolpersteinverlegung den Angehörigen und der Potsdamer Öffentlichkeit vorgestellt haben. Das Verlegen der Stolpersteine am 6. Dezember 2019 im Beisein der Familienangehörigen war ein gelungener Abschluss unseres Projekts.

Martina Oestreich
(Leiterin der Projektgruppe „Lebenswege“ , 2019)


Stolpersteinverlegung am 6. Dezember 2019