Welterkundung
Kinder in dieser Altersstufe (5-9 Jahre) wollen ihre Welt erkunden. Sie beobachten ihre Umwelt, Phänomene der belebten und unbelebten Natur. Daraus entstehen Fragen, die den Ansatz bilden zum forschenden Lernen. Sie wollen eigene Fragen formulieren und selbst Antworten darauf finden, die ihnen die Zusammenhänge ihrer Welt erklären. Durch kompetente Begleitung beschreiten sie individuelle Wege in der Suche nach Antworten.
Wichtig dabei ist die Verknüpfung aller Lernbereiche. Einzelheiten lehren heißt Verwirrung zu stiften. Die Verknüpfungen mit ihren verschiedenen Perspektiven bilden die Basis für Erkenntnisse und Problemlösungen. Die Verbindung von Theorie und Praxis bedeutet, individuelles Lernen zuzulassen, aber auch, aufmerksam zu machen auf Zusammenhänge. Dabei spielt der Austausch des Fachwissens der Lehrer untereinander eine wichtige Rolle.
Zur weiteren Untersuchung eigener Fragestellungen sind Exkursionen als Lernen am anderen Ort besonders wichtig. Im Klassenzimmer lassen sich keine echten Situationen entwerfen. Projekte an der Schule, die innerhalb einer Jahrgangsstufe oder innerhalb der ganzen Schule gestaltet werden, führen ebenfalls zur weiteren Untersuchung auftauchender Frage- und Problemstellungen. Angefüllt mit praktischen Arbeiten zum Nachempfinden beobachteter Phänomene runden sie die individuellen Möglichkeiten des entdeckenden Lernens ab. Dabei geht es nicht vorrangig um Präsentation, sondern um Aktion und Reflektion. Es geht um nachbauen, um prüfen, ob es wirklich funktioniert, wo die Mängel liegen und sie als Ausgangspunkt für neue Fragen zu nutzen.
In einem derartig prozesshaften Unterricht geht es um die Dokumentation der Arbeit. In ihrem persönlichen Lerntagebuch, dem Brückenbuch, dokumentieren und reflektieren die Schüler mit Hilfe des Lehrers ihr Tun. Den regelmäßigen Rückmeldungen über ihre Arbeiten kommen dabei eine große Bedeutung zu in der individuellen Entwicklung ihrer Fortschritte.
Individuell gewonnene Erkenntnisse können Schüler auf neue Situationen übertragen und lernen damit, sich selbstständig für neue Themen zu entscheiden. Sie übernehmen Verantwortung für ihr eigenes Lernen, indem sie ihren eigenen Fragen folgen können.
Die Räume
Der Einrichtung der Räume kommt dabei eine große Bedeutung zu. Sie enthalten Montessori-Materialien zum Rechnen, Schreiben und Lesen, die sie zur selbsttätigen Auseinandersetzung damit einlädt. Dabei folgt der praktische Umgang mit den Materialien drei Prinzipien:
- was ich mir genommen habe, stelle ich wieder an seinen Platz zurück,
- angefangene Arbeiten bringe ich zu Ende und
- ich arbeite so, dass ich niemanden bei der Arbeit störe.
Dadurch lernen die Schüler neben den Inhalten, Verantwortung für ihr eigenes Tun zu übernehmen.
Das Angebot an guten Büchern im Unterrichtsraum weckt Interesse, den eigenen Fragen nachzugehen und weiter nach Informationen zu suchen. Ergebnisse werden ausgestellt, vorgestellt und von allen gewürdigt. Rückmeldungen gibt es vom Lehrer, aber auch von den Mitschülern.
Die Rolle des Lehrers
Diese Art des Lernens in der Grundschule setzt eine andere Rolle des Lehrers voraus. Er wird ein Begleiter des Lernens, der mit seinen Kindern zusammen Entdeckungen macht und sich auf Neues einlässt. Von besonderer Bedeutung ist es, die Arbeiten der Kinder immer wieder auszuwerten und eine Rückmeldung zu geben. Eine ausführliche Auswertung mit Eltern und Kind geschieht zweimal im Jahr. In diesen Gesprächen wird beleuchtet, wie das Kind lernt und welche Fortschritte es macht. Am Ende des Schuljahres schreiben die Lehrer der Grundschule einen Entwicklungsbericht als Teil des Zeugnisses und beschreiben die Lernentwicklung des Kindes.
Mutig und neugierig sein, Grenzen setzen und erfahren, offen sein für enge Zusammenarbeit mit den Kollegen, sich „in die Karten sehen lassen“, authentisch sein, berührt sein und berühren sind wichtige, nötige Eigenschaften, die zu dieser anderen Lehrerolle unabdingbar dazu gehören.
Ute Terbeck-Müller, Monika Peater, Nico Meyer