Unser pädagogisches Leitbild in den Jahrgängen 9/10

 

Jugendliche in diesem Alter benötigen Raum und Zeit, um ihren Blick zu weiten, den inneren Blick für Beziehungen innerhalb der Gruppe, innerhalb der Schule, aber auch den Blick nach außen in die sie umgebende Welt.

Die meisten von ihnen wollen etwas in dieser Welt bewirken, direkt Einfluss nehmen, ihre Spuren hinterlassen. Und sie sind sehr unterschiedlich weit entwickelt, haben unterschiedlichste Erfahrungen hinter sich, verschiedenste Bedürfnisse. Deshalb brauchen wir Raum für Differenzierung. Dies erfordert flexible Arbeitsformen für SchülerInnen und LehrerInnen.

Letztendlich ist es uns auch wichtig, ZehntklässlerInnen zu einem für sie optimalen Schulabschluss zu führen und sie zu befähigen, einen Beruf zu ergreifen bzw. erfolgreich in der Oberstufe zu arbeiten.

In diesen Jahrgängen unterrichten wir, wie in allen anderen auch, in altersgemischten Gruppen. Obwohl es auch einige jahrgangshomogene Projekte gibt, wie zum Beispiel das Theaterprojekt, haben wir sehr gute Erfahrungen damit gemacht, wie sich die Altersgruppen von vierzehn bis siebzehn Jahren hier durchmischen und ergänzen. So sehen die Jüngeren, wie ernst es den ZehntklässlerInnen damit ist, sich effektiv auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten und einen möglichst guten Schulabschluss zu erlangen. Aber auch die individuelle Berufsvorbereitung durch das jährliche Praktikum im Dienstleistungsbereich (9. Jahrgang) bzw. nach freier Wahl (10. Jahrgang) steigert die Ernsthaftigkeit und Konzentration.

Neben den Praktika finden auch in diesen Jahrgängen mehrwöchige Projekte statt, welche inzwischen in unser festes Repertoire aufgenommen wurden, da sie sehr positive Wirkungen bei SchülerInnen und begleitenden LehrerInnen hinterlassen. Dazu zählen das vierwöchige Theaterprojekt am Anfang des neunten Jahrgangs, das anderthalbwöchige Tanzprojekt am Ende des zehnten Jahrgangs und der Spielplatzbau in einem europäischen Entwicklungsland in einer großen jahrgangsgemischten Gruppe gleichberechtigt neben den anderen stattfindenden Projektfahrten.

Allen diesen Projekten ist gemeinsam, dass sie von externen, professionellen KünstlerInnen bzw. Experten angeleitet und von uns LehrerInnen begleitet werden. Dabei ist die Entwicklung von Kreativität und Ausdrucksfähigkeit sowie das Erreichen und Überschreiten persönlicher Grenzen genauso wichtig wie die Arbeit an einem großen Vorhaben in einem großen Team. Die aktive Mitarbeit aller Beteiligten ist hier erforderlich, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.

Auch in der übrigen Zeit des Jahres arbeiten wir in Projektgruppen, welche aus ca. 12-15 SchülerInnen und jeweils einem Lehrer/einer Lehrerin als ProjektleiterIn besteht. Die LehrerInnen haben sich am Anfang des Schuljahres überlegt, in welche Richtung die Projekte gehen könnten und sie haben Titel und mögliche Inhalte beschrieben. Dabei sind jeweils natur- oder gesellschaftswissenschaftliche bzw. künstlerische Schwerpunkte gesetzt worden. Auf der Grundlage dieser Entwürfe haben sich die SchülerInnen in eine Projektgruppe eingewählt. Die Namen der Projektgruppen aus diesem Schuljahr lauten: Wirksam sein, Veränderung, Neuen(m) begegnen, Vom Feld zur Welt, Handeln und Verwandeln, Energie – geladen, Wahrnehmen und gestalten.

Der Unterricht zu diesem Projekt findet an einem ganzen Tag der Woche sowie in weiteren Stunden an anderen Tagen statt. Es geht uns darum, mit den SchülerInnen an einem gesellschaftlichen Problem zu arbeiten, etwas zu verändern bzw. zu verbessern. Jugendliche wollen in ihrer direkten Umgebung wirksam werden, Menschen helfen und ein Produkt hervorbringen. Sie wollen an die Öffentlichkeit gehen und Ergebnisse darstellen. Dabei entwickeln sie die Projektinhalte und Vorgehensweisen aktiv mit.

Es ist unser pädagogisches Konzept, variable Innen- und Außenräume zu finden bzw. zu gestalten, um diese Art des Lernens zu fördern. Wir LehrerInnen arbeiten momentan intensiv an der Frage, wie Lernräume für Jugendliche an unserer Schule ausgestattet und eingerichtet sein müssen. Wesentliche Erkenntnisse daraus sind, dass es einer guten Ordnung und Übersichtlichkeit bedarf, außerdem genügend Fläche zur Dokumentation von Arbeitsprozessen und variable Schulmöbel vorhanden sein müssen, deren Anordnung nach Bedarf geändert werden kann. Fest installierte bzw. mobile Computer unterstützen die notwendige Flexibilität.

Diese Art des Projektunterrichtes erfordert fachübergreifendes Arbeiten. Daneben werden Sport, Fremdsprachen, Musik und Kunst nach einem festen Rhythmus wöchentlich unterrichtet. Mathematik und die Naturwissenschaften Physik, Chemie und Biologie finden in Epochen statt. Eine Epoche dauert ca. vier Wochen und umfasst acht Stunden pro Woche. Danach wechselt der Schüler/die Schülerin die Epoche. Intensivität und Effektivität des Lernerfolgs können so gesteigert werden.

Ab dem neunten Jahrgang bekommen die Jugendlichen Zensuren. Trotz der Notenzeugnisse ist uns die verbale Einschätzung besonders in diesem Alter wichtig. Die SchülerInnen bekommen einmal pro Schuljahr eine verbale Beurteilung. Außerdem schreiben sie eine Selbsteinschätzung über ihr Lern- und Sozialverhalten. Diese wird unter anderem zum Anlass für die Gespräche mit den Eltern genommen, welche mindestens zweimal pro Schuljahr stattfinden.

Am Ende des Schuljahres machen sich die Projektgruppen auf die Reise. Dabei findet jede Gruppe ihr eigenes Ziel und ihr eigenes Vorhaben. So kann es nicht für jede Gruppe zum Spielplatzbau gehen, jedoch liegen die Reiseziele nicht nur in Deutschland, sondern auch in den europäischen Nachbarländern wird gewandert, Kanu gefahren, Theater gespielt, experimentiert und Kontakte werden geknüpft. Das Entscheidende ist, dass die Gruppe sich gemeinsamen Herausforderungen stellt und als gewachsenes Team zurückkommt.

Katharina Kunczak