Im Bereich des naturwissenschaftlichen Unterrichts in den Jahrgängen 9 und 10 entsteht zur Zeit ein neues Konzept, welches den Anforderungen eines jahrgangs- und fächerübergreifenden Unterrichts noch besser gerecht werden wird.
Dabei wollen wir in Zukunft von alltäglichen Phänomenen ausgehen, die von sich aus zum Anfassen und Ausprobieren einladen. Der konkrete Sachverhalt als Ausgangspunkt ermöglicht es, während der Arbeit Herangehensweisen und Analysemethoden der verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen individuell zu wählen und ihre verschiedenen Sichtweisen und hieraus resultierende Erkenntnisse in einen sinnvollen Zusammenhang zueinander zu stellen.
Nehmen wir als Beispiel eine brennende Kerze. Dieser Gegenstand stellt etwas dar, das so faszinierend ist, dass man seine Neugierde daran ausprobieren möchte. Kinder und Jugendliche tun dies unaufgefordert und oftmals nicht nur diese. In der Vergangenheit wurden solche Handlungen im Unterricht unterbunden, weil die Kerze oft nicht im Zentrum des Geschehens stand, sondern nur als Energiequelle diente: Nun soll die Kerze endlich ins Zentrum der Handlung gestellt werden. Denn mit ihrer Hilfe lässt sich sehr vieles entdecken und lernen. Hier lassen sich die Aggregatszustände erfahrbar machen. Eine Kerze zeigt zentrale Aspekte chemischer Reaktionen. Ihre stofflichen Eigenschaften lassen sich vergleichen mit den Eigenschaften anderer Stoffe. Die Kerze sendet Licht aus und ließe sich in einer camera obscura abbilden. Jedes Experiment zieht Fragen und Überlegungen nach sich, die wiederum zu neuen Experimenten führen werden. Gleichwohl ist die Kerze nicht das einzige Objekt, das wir hierfür nutzen können. Ähnliches gilt z.B. für Magnete, Säuren und Laugen, die Glasbearbeitung und Kochen und Essen.
Die einzelnen Phänomene aus der Einstiegsphase lassen sich schließlich verschiedenen übergeordneten Themen zuordnen, wodurch der wissenschaftliche, technische und gesellschaftliche Gesamtzusammenhang erfasst werden kann. Dies spiegelt sich inhaltlich wider in den Bereichen Energie, Innovation, Wasser, Verbrauch und Produktion, Klima und Ernährung.
Dieses neue Konzept wird verschiedene thematische Einstiegspunkte bei gleichzeitig größtmöglicher individueller Arbeitsweise und Schwerpunktwahl bieten. Dadurch können die Vorgaben der neuen Rahmenlehrpläne, nach vier Leistungsstufen zu unterscheiden, mehr als erfüllt werden. Der Lehrer lenkt und begleitet diesen Prozess und entwickelt im Gespräch fortschreitend das Abstraktionsniveau von konkreten Zusammenhängen hin zu allgemeinen Gesetzmäßigkeiten.
Die Aufgabe des Lehrers wird es demnach sein, dem Schüler im fachlichen Gespräch zur Seite zu stehen, bei Problemen zu helfen, stockende Prozesse anzuschieben und die Schüler individuell zu fördern und zu fordern.